Über Siqua

Projektbeschreibung:

Kurzbeschreibung

In einer vergleichenden Studie in den drei deutschen Großstädten Berlin, Essen und Dresden, werden in insgesamt 9 Fallstudien auf Stadtquartiersebene die erlebte (subjektive) wie die institutionell erfasste (objektive) Sicherheitslage der ansässigen sowie neu zugewanderter Bevölkerungsgruppen empirisch untersucht. Darüber hinaus wird in den Blick genommen, wie Sicherheitsbehörden und Kommunen mit den damit verbundenen Herausforderungen umgehen. Zum Einsatz kommen qualitative wie quantitative Untersuchungsmethoden. Auf den Erkenntnissen dieser Untersuchungen aufbauend, entwickelt das Projekt in einem zweiten Arbeitsschritt Konzepte und Verfahren zur Optimierung von Sicherheit und Lebensqualität. Dabei werden die Potentiale bereits vorhandener Strukturen und Netzwerke genutzt.

Das Projekt leistet auf diese Weise Beiträge zur vernetzten Kriminalprävention auf lokaler Ebene sowie zur Gestaltung kommunaler Stadt- und Quartiersentwicklung.

Hintergrund des Projekts

Die Zuwanderung vor allem aus Kriegs- und Krisenregionen prägt derzeit städtische Gemeinwesen und sicherheitsbezogene Diskurse auf gesamtgesellschaftlicher Ebene. Fragen der Sicherheit und der Gewährleistung von Sicherheit sind u.a. tangiert durch fremdenfeindliche Übergriffe wie Anschläge auf Unterkünfte von Geflüchteten, Gewaltvorkommnisse in Unterkünften für Geflüchtete oder Straftaten von Zuwander*innen im öffentlichen Raum. Auch wenn kein kausaler Zusammenhang zwischen Migration und Kriminalität ausgewiesen werden kann, beeinflußt die ethnische Zusammensetzung die mit kultureller Heterogenität verknüpften Besorgnisse und beeinträchtigt das subjektive Sicherheitsempfinden in Teilen der Bevölkerung.

Die aktuellen Wanderungsphänomene berühren somit die „objektive“ wie „subjektive“ Sicherheit in urbanen Räumen und erfordern neue Antworten für die lokale Kriminalprävention und Quartiersentwicklung. Demzufolge sehen sich Polizei sowie staatliche und kommunale Sicherheitsakteure spezifischen und komplexen Herausforderungen gegenüber. Bei der Entwicklung von Konzepten und der Planung von Interventionen erweist es sich als wichtig, dass darin Erkenntnisse zu aktuellen Entwicklungen der Sicherheitssituationen mit bestehenden lokalen Praktiken, Sichtweisen und Erfahrungen verknüpft und abgestimmt werden. Die im Rahmen von SiQua gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse werden daher gemeinsam mit lokalen Akteur*innen systematisch diskutiert und bewertet. Auf diese Weise werden die wissenschaftlichen Erkenntnisse in lokale Handlungslogiken integriert. Dies macht eine schnelle und nachhaltige Anpassung an neue oder veränderte Lagen möglich.

Ziele des Projekts

Übergeordnetes Ziel des Vorhabens ist es, in einem Verbund aus Wissenschaftler*innen und Akteur*innen der Praxis systematische empirische Analysen zu subjektiver und objektiver Sicherheit sowie zu vorhandenen Strukturen und Potentialen der Arbeit im Bereich der lokalen Sicherheit durchzuführen. Dies geschieht in insgesamt 9 Stadtquartieren in den 3 Partnerstädten Dresden, Essen und Berlin. Auf dieser Basis werden schließlich gemeinschaftlich vor Ort innovative Konzepte zur Stärkung der Zusammenarbeit und schließlich lokal angepasste Interventionen entwickelt.

Die Stadtquartiere sind in Berlin Wedding Mitte, Friedrichshain Süd, Buckow-Gropiusstadt, der Bereich rund um die Ringbahntrasse in Neukölln sowie die obere Sonnenallee. In Essen sind dies Stadtkern-Nordviertel und Altendorf. In Dresden sind es Gorbitz und die Äußere Neustadt.

Die Stadtquartiere, in denen das Projekt und die daraus resultierenden Maßnahmen umgesetzt werden, repräsentieren jeweils spezifische großstädtische Konstellationen und Problemlagen im Zusammenhang mit Zuwanderung.

Kernfragen des Projekts:

  • Was bedeuten die aktuellen Transformationsprozesse durch Zuwanderung für staatliche Sicherheitsakteure, allen voran Polizei und Kommune? Welche Aspekte der Transformationsprozesse sind von Relevanz für Sicherheitsfragen? Wie reagieren Sicherheitsakteure darauf?
  • Welchen Niederschlag finden die Transformationsprozesse in Sicherheitswahrnehmungen und Sicherheitsempfinden der Bevölkerung, im Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei und der Wahrnehmung der Legitimität polizeilichen und kommunalpolitischen Handelns?
  • Wie wird das Handeln professioneller Sicherheitsakteure auf Seiten der Zugewanderten erlebt? Wie sind und wie entwickeln sich Einstellungen und Vertrauen gegenüber der Polizei?
  • Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit der lokalen Akteur*innen, die im engeren und weiteren Sinne mit Sicherheitsaufgaben beschäftigt sind? Welche Defizite lassen sich im Hinblick auf den kommunikativen Austausch erkennen und welche Potentiale besitzen die lokalen Strukturen um entsprechende Prozesse zu verbessern?
  • Wie kann die Kompetenz von Sicherheitsakteuren auf Stadt- und Quartiersebene im Umgang mit den neuen Herausforderungen gestärkt werden? Wie können Voraussetzungen für eine bessere Vernetzung, Kooperation, Kommunikation und strategische Ausrichtung sicherheitsrelevanter Akteur*innen geschaffen werden?

 

Die Arbeitspakete in SiQua

AP 1 Vergleichende quantitative Sicherheitsanalysen - subjektive und objektive Sicherheit in durch Zuwanderung sich transformierenden urbanen Räumen

Das Teilvorhaben verfolgt das übergeordnete Ziel, die subjektive und objektive Sicherheit der Bevölkerung vor dem Hintergrund aktueller Transformationsprozesse im Kontext fluchtbedingter Zuwanderung zu erfassen und vergleichend zu analysieren. Um in den Zielstädten des Projektes sowie in den dort für kleinräumige Analysen vorgesehenen Stadtquartieren ein differenziertes Bild der objektiven und der subjektiven Sicherheitslage zu erhalten, wird mit mehreren quantitativen Auswertungsverfahren gearbeitet:

  1. standardisierte, postalische Bevölkerungsbefragungen (mehrsprachig) und
  2. die Analyse polizeilicher und kommunaler (Hellfeld-)Daten.

Die mehrperspektivischen Daten werden sowohl stadtvergleichend sowie stadtraumvergleichend analysiert. Durch das Teilvorhaben soll eine empirische Basis für die Optimierung und Anpassung lokaler Konzepte der Kriminal- und Gewaltprävention, der Integration von Zuwander*innen, der Stadtentwicklung und des Quartiersmanagements geschaffen werden.

AP 2 Quartierbezogene Fallstudien zur Sicherheitswahrnehmung und Sicherheitsproduktion

Die quartierbezogenen Fallstudien analysieren die Sicherheitswahrnehmungen von lokal ansässigen Bewohner*innen mit und ohne Migrationshintergrund, von Geflüchteten und von Sicherheitsakteuren, wie Polizisten und Mitarbeiter*innen privater Sicherheitsdienste. Ein wichtiger Teil der Analyse sind die komplexen wechselseitigen Bezüge und Beziehungen der genannten Akteursgruppen. So werden die Einstellungen, Wahrnehmungen und Erfahrungen der Bewohner*innen mit denen der Sicherheitsakteure kontrastiert, womit sich zeigt, wie das Wechselverhältnis der Akteursgruppen die Sicherheitswahrnehmung und -produktion in den jeweiligen Quartieren beeinflusst. Die Erkenntnisse sollen Aussagen im Hinblick auf Präventions- und Interventionsmaßnahmen ermöglichen.

AP 3 Analyse kooperativer Sicherheitsproduktion

Anhand von gelungenen aber auch gescheiterten Kooperationsbeispielen werden notwendige Voraussetzungen, Verbesserungspotentiale und Erfolgsfaktoren für die gemeinsame Entwicklung und Durchführung von Maßnahmen auf Stadtquartiersebene herausgearbeitet. Untersucht werden dazu einerseits die regulativen Rahmenbedingungen und die Ausstattung mit Ressourcen. Andererseits werden die spezifischen Aufgaben und Perspektiven der unterschiedlichen an der Sicherheitsproduktion und Präventionsarbeit beteiligten Akteur*innen erhoben und reflektiert.. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt auf den Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit eine effektive und nachhaltige Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteur*innen gewährleistet werden kann. Ziel ist die Erarbeitung von „best-practice“ Beispielen und übertragbaren Kooperationsmodellen.

AP 4 Diskursiv-partizipative Strategieentwicklung und szenarienorientierte Maßnahmenplanung

In diesem Arbeitspaket geht es darum, auf der Grundlage der zuvor gewonnenen Erkenntnisse die Präventionsarbeit und Sicherheitsproduktion in den Untersuchungsgebieten zu stärken und konzeptionell weiter zu entwickeln. Dies geschieht im Rahmen von drei aufeinanderfolgenden Workshops, die gemeinsam mit den Akteur*innen in den Untersuchungsgebieten durchgeführt werden. Im ersten Workshop werden die erzielten Forschungsergebnisse gesichtet und bewertet und zentrale Handlungsfelder für die zukünftige Präventionsarbeit festgelegt. Im zweiten Workshop werden Strategien und konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Präventionsarbeit in den Untersuchungsräumen entwickelt. Der dritte Workshop dient der Reflektion und Nachsteuerung der Strategien und Maßnahmen. Darüber hinaus werden die Prozesse der Entwicklung und Implementierung dieser präventiven und sicherheitsorientierten Strategien und Maßnahmen in jeder Stadt durch Praktikergremien begleitet.

AP 5 Verwertung und Wissenstransfer

Hier werden die verifizierten Befunde und die daraus entwickelten Konzepte und Interventionen so aufgearbeitet, dass ein umfassender Wissenstransfer ermöglicht wird. Anhand von Musterlösungen und Erkenntnissen werden Handreichungen in unterschiedlicher Form erstellt. Darüber hinaus werden Fortbildungsangebote und Qualifizierungsmodule für kommunale Akteur*innen entwickelt, die im Handlungsfeld zwischen Flucht, Migration, Integration und Sicherheitsproduktion/Prävention tätig sind. Damit entstehen zielgruppenbezogene und praxisorientierte Produkte, die den handelnden Akteur*innen vor Ort dazu dienen können, eigene Annahmen und Vorgehensweisen zu reflektieren und Erkenntnisse anzuwenden. Somit wird sichergestellt, dass eine Verwertung der erarbeiteten Ergebnisse auch über die Projektlaufzeit hinaus geschaffen wird.